Luckenwalde
    Die erste Stadtverordnetenversammlung
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Die erste Stadtverordnetenversammlung

Die Niederlage der Armee Preußens gegen das Heer Napoleons am 14. Oktober 1806 bei Jena und Auerstedt erschüttert die stolze Militärmacht. Das militärische Debakel bestärkt national gesinnte Persönlichkeiten in ihren Forderungen nach einer umfangreichen Reformierung des feudalistischen Staates. An der Spitze der „Revolution von oben“ steht Heinrich Friedrich Karl Reichsfreiherr vom und zum Stein. Für ihn ist die Gewährung von Rechten und Freiheiten Voraussetzung für die Ausprägung des Bürgersinns. Nach seiner Vorstellung sollen sich die Bürger in den Städten selbst organisieren und damit dem Wohl des gesamten Staates dienen. Die „Ordnung für sämtliche Städte der preußischen Monarchie“ vom 19. November 1808 regelt weitgehende Rechte kommunaler Selbstverwaltung. In der Städteordnung sind sowohl Anrechte als auch Pflichten von Einwohnern, Bürgern, Volksvertretern und Behörden festgelegt. Ein wesentlicher Bestandteil der Städteordnung ist das Recht der Bürger auf die Wahl von Stadtverordneten und eines Bürgermeisters.

Vor den ersten Wahlen zur Stadtverordnetenversammlung in Luckenwalde sind die 532 stimmberechtigten Männer in Luckenwalde aufgefordert, sich am 24. Februar 1809 zwischen 7 Uhr früh und 3 Uhr nachmittags zur Bestimmung der Kandidaten im Schützenhaus der Stadt einzufinden. Von den 3744 Einwohnern der Stadt ist zu dieser Zeit nur jeder Siebente wahlberechtigt. Frauen, Leibeigene und Besitzlose dürfen nicht an der Abstimmung teilnehmen. Für die Luckenwalder ist die Ausübung des Wahlrechts damals noch ungewohnt: Zur Vorwahl erscheint etwa ein Drittel der Berechtigten.

Luckenwalde-um-1850Die ersten Wahlen erfolgen am 5. März, ebenfalls im Schützenhaus. Die Luckenwalder Stadtverordnetenversammlung ist damit älter als die der preußischen Hauptstadt. In Berlin finden die Wahlen erst vom 18. bis 22. April 1809 statt.

Die Stadtverordneten nehmen kurze Zeit nach der Wahl ihre Arbeit auf. Sie wählen sieben Magistratsmitglieder und das Stadtoberhaupt. Gottfried Weidener, der ein Jahr zuvor vom König eingesetzte Bürgermeister, wird dabei in seinem Amt bestätigt. Zudem bestimmen die Abgeordneten insgesamt 16 Ausschüsse. Als Ausdruck kommunaler Selbstverwaltung befassen sich diese Komitees mit allen städtischen Aufgabenbereichen. Ausschussbezeichnungen wie „Direktion des Armenwesens“ oder „Sicherungs-, Ruhe-, Zucht- und Ordnungspolizei“ vermitteln einen Eindruck von den Aufgaben, mit denen sich die Stadtverordneten zur damaligen Zeit auseinandersetzen mussten.

Die 1809 eingeführte Wahlordnung bleibt im Verlauf vieler Jahrzehnte nahezu unverändert. Veränderungen bringt erst die Deutsche Revolution mit sich. Seit den Märzunruhen des Jahres 1848 und den darauffolgenden Reformen finden die Tagungen der Stadtverordneten nicht mehr hinter verschlossenen Türen statt. Das ab diesem Zeitpunkt geltende Dreiklassenwahlrecht bildet zudem eine neue Grundlage bei der Bestimmung der Wahlberechtigten. Das politische Gewicht eines jeden Bürgers bemisst sich fortan an seiner finanziellen Leistungsfähigkeit: Je mehr Steuern ein Bürger zahlt, desto mehr Abgeordnete entsendet er in die Stadtverordnetenversammlung.

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