Arbeiter und Soldaten kontrollieren die Stadt – die Novemberrevolution von 1918
Mehr als vier Jahre dauert der Erste Weltkrieg im November 1918 schon an. Nach den anfänglichen Begeisterungsstürmen im Deutschen Reich und schnellen Erfolgen an den Fronten sind die Menschen mittlerweile erschöpft. Rationierungen in allen Lebensbereichen verursachen Hunger und Armut. Die Unterstützung der Soldaten und der Zivilbevölkerung für die Kriegspolitik von Kaiser Wilhelm II. schwindet von Tag zu Tag.
In vielen Städten beginnen sich die Unzufriedenen im Herbst 1918 zu organisieren. In erster Linie sind es heimgekehrte Soldaten und Arbeiter in der Rüstungsproduktion, die Missstände offen ansprechen.
Am 8. November wird die revolutionäre Stimmung mit einer Demonstration Cottbuser Soldaten erstmals greifbar. Einen Tag später legen auf dem Flugplatz der Stadt die Piloten und Hilfsmannschaften ihre Arbeit nieder. Sie bemächtigen sich der Flugzeughallen und stellen Waffen sowie Munition sicher. Anschließend marschieren sie bewaffnet zur Kaserne an der Kaiser-Friedrich-Straße (heute Karl-Liebknecht-Straße) und vereinigen sich mit den dort untergebrachten Mannschaften. Diese haben kurz zuvor den Bataillonskommandeur im Stabsgebäude zum Rücktritt gezwungen. Auch das die Kriegsgefangenenlager Merzdorf und Sielow bewachende Landsturmbataillon schließt sich dem Protestzug an. Gemeinsam ziehen die Soldaten durch die Hauptstraßen der Stadt zum Schillerplatz. Sie verteilen Flugblätter mit der Botschaft: „Kameraden, Arbeiter, Bürger! Die Garnison von Cottbus hat einen Soldatenrat gewählt. Cottbus befindet sich in seinen Händen.“ Der Soldatenrat hat sein Hauptquartier im Offizierskasino. Zudem besetzen die revolutionären Militärs Bahnhof und Hauptpost und haben so die volle Gewalt über die Stadt in den Händen.
Am 11. November 1918 organisieren sich im Konzerthaus Kolkwitz auch die Arbeiter in einem eigenen Rat, einen Tag später erfolgt die Wahl eines endgültigen Soldatenrates. Beide Komitees bilden zusammen den Arbeiter- und Soldatenrat als die vorübergehende Autorität in der Stadt. Wichtigste Aufgaben des Gremiums sind die Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit und die Verbesserung der desolaten Lebensmittellage. Das Wirken des Cottbuser Arbeiter- und Soldatenrates endet mit der Stadtverordnetenwahl vom 2. März 1919. Dem spontanen revolutionären Aufbegehren fehlten als „Revolution von unten“ die organisierte Kraft und die Zustimmung der breiten Bevölkerung.