Cottbus
    Stürmische Zeiten – das Jahr 1848 in Cottbus
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Aufbruch und Neuanfang

Am 7. Mai 1989 sind die Bürgerinnen und Bürger der DDR zur Wahl der Kommunalvertretungen der Städte und Gemeinden aufgerufen. Wie in den Jahren zuvor stehen mit der Einheitsliste aus SED und Blockparteien die Sieger jedoch schon vor der Abstimmung fest. In diesem Jahr bemüht sich die Staatsführung im Vorfeld intensiv darum, die Wahl als demokratischen Prozess der Willensbildung des Volkes darzustellen. So sind die DDR-Bürger unter anderem zur Beobachtung der Stimmenauszählung ausdrücklich aufgefordert. Regimekritiker sehen darin eine Möglichkeit, die vermutete die Praxis der Wahlfälschungen mit eigenen Augen zu sehen.

In Cottbus beobachten Mitglieder der kirchlichen Umweltgruppe den Wahlverlauf und die Auszählung der Ergebnisse. In mehr als einem Drittel der Wahllokale sind die Aktivisten zugegen. Sie können so hautnah die Kluft zwischen den ausgezählten Ergebnissen und den Meldungen der zentralen Wahlkommission erleben. Die Erfahrungen der Beobachter an diesem Tag bestärken viele kritische Bürgerinnen und Bürger in ihrem Misstrauen gegenüber der Staats- und Parteiführung.

Cottbus-1989Der Sommer 1989 ist geprägt von der massenhaften Ausreise von DDR-Bürgern in die BRD und dem sich langsam formierenden Protest einer immer größer werdenden Opposition. Im Spätsommer spitzen sich die Ereignisse im Land weiter zu. In zahlreichen Städten sind die Massenkundgebungen nicht mehr zu ignorieren. Endlich reagieren die Mächtigen nicht nur mit dem Einsatz von Polizei und Staatssicherheit. Als überall im Land die Vertreter des Regimes die Menschen zum Dialog einladen, findet auch in Cottbus am 26. Oktober eine erste Aussprache zwischen Bürgern und Vertretern von Politik und Verwaltung statt. Zudem formieren sich neue politische Kräfte wie das „Neue Forum“ und die Sozialdemokraten in der Stadt.

Am 30. Oktober erlebt Cottbus schließlich die erste Großdemonstration für demokratische Veränderungen. Wie in anderen Städten des Landes tragen auch hier die Demonstranten Transparente mit Forderungen wie „Wir sind das Volk“ und „Jetzt Demokratie“. Die Proteste zeigen bald erste Erfolge. Am 2. November beschließt die Stadtverordnetenversammlung mit 140 zu 25 Stimmen Untersuchungen zur Manipulation der Wahl im vorangegangenen Mai. Wie auch in anderen Städten etabliert sich Mitte Dezember ein runder Tisch als Gesprächsforum für Vertreter der Regierung und der neuen gesellschaftlichen Kräfte. Am 11. Dezember sprechen sich auf einer ersten Sitzung alle Teilnehmer für baldige Neuwahlen aus.

Zu Beginn des Jahres 1990 setzen sich die Kundgebungen fort. Etwa 10?000 Demonstranten ziehen am 15. Januar zum damaligen Bezirksamt für Nationale Sicherheit und fordern „Stasi raus“ oder „Licht an, Türen auf“. Einen Tag später befindet sich die Kreisstelle der Staatssicherheit am Nordrand ab 12 Uhr in der Hand aufgebrachter Bürger.

Im März erlebt die Stadt eine Reihe von Großveranstaltungen, auf denen die Vertreter der Parteien um die Stimmen der Wähler werben. In Vorbereitung auf die Wahlen zur Volkskammer am 18. März finden Kundgebungen mit dem deutschen Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU), Gregor Gysi (PDS) und dem SPD-Politiker Oskar ­Lafontaine statt. Erstmals haben die Bürger der DDR die freie Wahl zwischen 24 Parteien, Bündnissen und politischen Vereinigungen, deren Kandidaten als Abgeordnete in die Volkskammer einziehen wollen. Bei den ersten freien Wahlen geben 63,96 Prozent der wahlberechtigten Cottbuser ihre Stimme ab. Aus der Abstimmung geht landesweit ein Bündnis unter Führung der CDU als Sieger hervor. Auch die Cottbuser wählen die „Allianz für Deutschland“ zur stärksten Kraft und signalisieren so ihren Wunsch nach einer raschen Wiedervereinigung von DDR und BRD.

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